Altena – Augsburg, Bahn gegen Bus: Wer fährt besser?

City2City-Bus am Augsburger Fernbahnhof

Wie fährt man besser: Mit Bahn oder Fernbus?

Sind die neuen Fernbusse wirklich besser als die Bahn? Ich habe es getestet zwischen Altena und Augsburg.

Aldi tut es, der ADAC will es und selbst die Bahn macht sich Konkurrenz auf der Straße: Dutzende Fernbusse kommen ins Rollen. Sie verbinden für wenig Geld die großen Städte in und um Deutschland. Doch sind sie eine echte Alternative zur Bahn?

Seit dem 2. April verbindet „city2city“ mehrere NRW-Städte mehrmals täglich mit Süddeutschland.  „Fünf Euro pro Strecke“ , blinkte mich der Werbebanner auf einem großen Internet-Portal an. Für fünf Euro pro Strecke quer durch Deutschland reisen? Da wäre ja selbst das Bahnticket von Altena nach Hagen teurer! Man könnte „mal eben“ zum Shopping nach Frankfurt fahren. Einen Klick weiter stellte sich das zwar als nicht ganz so billig dar: Eine erste „Strecke“ beginnt in Dortmund und endet in Frankfurt, eine zweite führt bis nach München. Aber für 10 Euro „mal eben“ an die Isar? Warum nicht?

Aber da waren wir erst kürzlich. Dann peilen wir eben die nächste Stadt an der Strecke an: Augsburg, die Stadt der Marionetten und Fugger. Also: kurze die Hotelpreislage und Bettenauslastung checken. Ist prima. Auf nach Schwaben!

Ein paar Haken gibt es allerdings – wie sollte es anders sein. „City2City“, das läuft derzeit täglich gen Süden nur dreimal täglich. Und rollt der erste Bus abends endlich in Augsburg ein, ist der erste Reisetag fast vorbei. Also holen wir doch einmal ein Gegenangebot auf der Website der guten, alten Deutschen Bahn. Der Wunsch nach mehr Zeit am Ort überwog. Also fuhren wir hin übers Gleis und zurück (hauptsächlich) über die Straße. So kann ich nun den Vergleich machen: Bus gegen Bahn.

Augsburg: Eine Reise wert

Lukas der Lokomotivführer

Eine Insel mit zwei Bergen …. in der Augsburger Puppenkiste.

Vorab ein paar Worte zum Reiseziel: Generationen von Kindern sind mit der Augsburger Puppenkiste groß geworden. Dazu gibt es ein Museum und fast tägliche Aufführungen für Kinder und Erwachsene. Derzeit läuft zum Beispiel Kabarett. Die Gags haben zum Teil einen langen Bart. Aber die Show ist trotzdem einen Besuch wert – erst recht durch den Blick hinter die Kulissen. Die Stadt hat den sehenswerten Goldenen Saal saniert. Man wandert auf den Spuren der einst wohl reichsten Familie Europas, den Fuggern. In deren Palast mitten in der Stadt sollte Martin Luther im Jahre 1518 seine Thesen widerrufen. Augsburg gehörte einst zu den Metropolen Europas. Wer sich für Kunst und Geschichte interessiert, der kann gut ein verlängertes Wochenende in der Schwaben-Hauptstadt verbringen.

Punkt 1: Die Fahrzeit

Bei der Bahn

Bei der Bahn gibt es natürlich unzählige Varianten. Auf den Hauptverkehrsadern lassen sich je nach Nervenkostüm und blindem Vertrauen in die Pünktlichkeit der Züge schnelle und längere Verbindungen knüpfen. Wir wollen einfach früh starten, wenigstens eine Viertelstunde zum Umsteigen haben und möglichst wenig zahlen. Heraus kommt bei unserer Suche eine Verbindung in  6 Stunden und 48 Minuten. Der Intercity hat 12 oder 13 Minuten Verspätung und macht damit die 7 Stunden voll. Auf dem Bahnhofsvorplatz in Augsburg ist derzeit alles anders, weil die Stadt überall alles aufreißt und buddelt und modernisiert. Etwas ratlos suchen wir unsere Haltestellen und kehren zunächst zum Mittagessen ein. Auf dem direkten Weg hätte es vielleicht 10 Minuten bis zum Hotel gedauert.

Mit dem Bus

Wir verlassen am Ende der Städte-Tour unser Hotel in Augsburg gegen 10.30 Uhr und gehen zur Straßenbahn-Haltestelle um die Ecke. So eine Großstadt hat doch einen komfortablen Nahverkehr. Später hätte auch gereicht, aber auf unbekanntem Terrain… „City2City“ gibt keine richtige Adresse für den Halt an, sondern präsentiert nur eine Google-Karte mit dem Straßennamen. Also fahren wir lieber etwas eher und stehen nach 25 Minuten Fahrzeit am Startpunkt.

Wer Bus fährt, braucht Zeit. Selbst ohne Staus. Umsteigen kostet noch einmal Zeit: Eine bzw. zwei Stunden hat der Busfahrgast Aufenthalt am Frankfurter Hauptbahnhof. Wir erwischen die kurze Variante. Die  reicht zum Beine vertreten und für einen Burger mit Pommes. Geplante Gesamtfahrzeit in unserem Fall: Von 12 Uhr bis 21.42 Uhr. Auf der völlig staufreien Strecke rollt unser Bus sogar eine satte halbe Stunde zu früh auf den Fernbus-Halt hinter dem Dortmunder Hauptbahnhof. Den nächsten Zug in Richtung Hagen verpassen wir jedoch um wenige Minuten. Erst zwei Stunden später steigen wir am Altenaer Bahnhof wieder in unser Auto, um die letzten Kilometer mit dem umweltfeindlichsten Verkehrsmittel zurück zu legen. Gesamtfahrzeit somit, ohne unseren 60-Minuten-Sicherheitspuffer: 12,5 Stunden!

Zwischenergebnis: 7,1  zu 12,5  Stunden – ein klarer Sieg und damit 1:0 für die Bahn.

Punkt 2: Komfort

Die Bahn

Der „Komfort“ am Startpunkt-Bahnhof Altena ist natürlich absolut unterirdisch. Allein deshalb würde die Bahnfahrt eigentlich die Note 5 verdienen. Aber das ist ja schnell vergessen.

Wenn man bedenkt, was für ein Schrott vor 10 Jahren noch über die Ruhr-Sieg-Strecke rollte… Doch Abellio macht selbst Nahverkehr einigermaßen bequem. An einigen Plätzen gibt es Steckdosen, um den Smartphone-Durst zu stillen.

Im Intercity ab Hagen haben wir Tischplätze reserviert. Wer will (oder muss), der kann zwei Waggons weiter Essen gehen. Und meist kommt auch jemand mit teurem Kaffee vorbei. Die Toiletten sind okay und groß. Platz für Koffer ist bekanntlich Mangelware. Und nicht jeder kann seinen vollen Koffer auf die Ablage über den Sitzen stemmen.

Am Augsburger Bahnhof hätte ich mir auch angesichts der Straßenbauarbeiten ein paar Hinweisschilder mehr gewünscht.

Und wie fährt man im Bus?

fernbusbahnhof_augsburg

Augsburg, Fernbusbahnhof. Von City2City ist keine Spur zu sehen. Und alle Fahrgäste miteinander stehen im Regen.

Was in Altena der Bahnhof ist, ist in Augsburg der Fernbus-Bahnhof: Dreckig und mit noch weniger Regenschutz – nämlich gar keinem. Weil nirgendwo ein Hinweis auf den „City2City“-Halt zu finden ist, renne ich einmal quer durchs Industriegebiet, um ganz sicher zu sein, dass die Google-Karte nicht irgend einen anderen Punkt kennzeichnen sollte.

Komfortabel fahren wir auf jeden Fall mit City2City. Als wir gebucht hatten, gab es noch fast freie Platzwahl (bei der Bahn kostet das extra). Die Busse von City2City scheinen nagelneu. Kleine Beschriftungen am Bus zeigen, dass sich City2City offenbar Subunternehmer bedient, die ihre Fahrzeuge einheitlich lackiert haben. Vielleicht ist es ja auch ein Zusammenschluss? Das weiß ich nicht. Die Fahrer sind freundlich, nicht alle tragen Schlips.

Mit der aufblasbaren Schwimmweste stellt er sich beim Start allerdings nicht in den Gang. Die Standardansage kommt vielmehr vom Band. Ein Bildschirm zeigt etwas kindisch, wo die Ausgänge sind („einer vorne, einer hinten“). Wir sollen uns anschnallen. Sicher ist sicher.

Wer dann einen lärmigen Bus erwartet hätte, der ist angenehm überrascht. Es herrscht eine angenehme Ruhe. Das hängt natürlich immer von den Mitfahrern ab. Unsere Hoffnungen auf einen Kaffee zerschlagen sich jedoch. Keine Bar an Bord.

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Von wegen: Surfen klappte auf meiner Fahrt (manchmal) in der Nähe der Großstädte.

Die Toilette im ersten Bus ist schmutzig und das Papier fehlt auch. Punkteabzug. Großspurig steht auf dem Heck des ersten Busses „Internet mit 400 PS“ – eine leere Versprechung, wie sich heraus stellt. Als wir in Augsburg in den Bus steigen, sind 90 % der Plätze besetzt (14 Tage vorher waren gerade 4 Plätze vergeben). Und offenbar haben sich schon zu viele Handys ins Netz eingebucht. Erst beim Wechsel  in Stuttgart ergattere ich eine WLAN-Zelle. Doch 20 oder 25 Minuten später fahren wir durchs Handy-Funkloch und weg ist die Verbindung. So bleibt es auch bis Frankfurt. Immerhin: An jedem Zweier-Sitz gibt es Steckdosen. Wenn der Fahrer sie anschaltet, gibt es auch Strom.

Wenn auch nicht ganz so deutlich wie in der ersten Runde, so geht doch auch dieser Punkt an die Deutsche Bahn: 2:0 für DB.

Punkt 3: Der Preis

Bahn-Glücksrad

Die Preissuche auf Reisen gleicht einem Glücksspiel. Das gilt nicht nur bei der Bahn. Hätten wir nicht erst eineinhalb Wochen zuvor kurz entschlossen gebucht, wäre es sicher noch billiger gewesen.  Wir reisen zu Zweit, ich besitze eine Bahncard 25. Für den Weg von Altena nach Augsburg will die Bahn einschließlich Platzreservierungen diesmal 112,75 Euro.

Billig-Bus

City2City kassiert pro Person und Strecke – als Eröffnungsbonbon – schlappe fünf Euro. Wie gesagt: Wir brauchen zwei „Strecken“: Dortmund – Frankfurt und Frankfurt – Augsburg. Das macht also 20 Euro. Klingt super. Das Glück wird etwas gedämpft, weil der Fernbus-Bahnhof in Augsburg außerhalb der Innenstadt in der Nähe vom Ikea liegt. Und wir ja irgendwie auch von Dortmund zurück an die Lenne kommen müssen. Das geht über die Schienen im Nahverkehr für 22,60 Euro. Damit verdoppeln sich dann glatt die Reisekosten. Und für die Straßenbahn zum Fernbus-Bahnhof werfen wir fünf Euro in den Automaten. Gesamtsumme: 47,60 Euro.

Also ein bedingtes 1:2 für den Bus nach der dritten (Preis)-Runde.

Punkte-Entzug für den Bus

Warum nur bedingt? Na, weil die Eröffnungs-Knaller natürlich verraucht sind. Ein aktueller Blick auf www.city2city.de zeigt den regulären Preis für die Fahrt Dortmund – Augsburg:  79,60 Euro pro Person. Das also mal zwei plus Anreise zu den Fernbus-Bahnhöfen: Das macht stolze 187,20 Euro. Frühbucher belohnt die Bahn zudem mit satten Nachlässen. Sechs Wochen vorher gebucht, hätte sich unser Bahn-Fahrpreis auf exakt  67,25 Euro gesenkt. Für zwei Personen, wohlgemerkt! Aktuell ginge der Preisvergleich also mit einem klaren Sieg für die Deutsche Bahn aus. Selbst mit Rücksicht auf meine Bahncard 25.

ABER. (Es wäre zu schön, wenn jetzt dieses Wort nicht käme.) Aber: Die Preissuche bei der Bahn hat so ihre eigenen Tücken. Je nachdem, was man vorgibt, spuckt die Bahn unterschiedliche Preise aus. Schnäppchenjäger sollten auf der Startseite der Bahn den Sparpreis-Finder nutzen. Wer flexibel ist und selten genutzte Verbindungen wählt, der kommt ab 29 Euro quer durch die Republik.

Das Fazit

Also das Fazit: Mindestens 2:1 für die Bahn, wenn nicht sogar 3:0. Und umwelttechnisch sind die Busse eigentlich eine Katastrophe. Immerhin: Wer Zeit hat und nach Schnäppchen Ausschau hält, der ist mit den Fernbussen gut bedient.

Wer es testen will, hier der Link zu der Gesellschaft: www.city2city.de

Autor: Christof Hüls

 

Weitere Bus-Alternativen

meinfernbus.de: Für 25 Euro von Essen nach Augsburg

Ab 25. April bzw. ab Mitte Mai 2013 bietet meinfernbus.de täglich vom Ruhrgebiet fünf neue Linien nach Berlin, München und an den Bodensee an. Das Liniennetz auf der Deutschland-Karte mutet schon eher an wie ein U-Bahn-Netzplan einer Großstadt. So viele Kreuz- und Querverbindungen gibt es. Zentrale Knoten sind Essen und Düsseldorf. Die Route z.B. nach München und Augsburg startet in Essen.

Weitere Haltestellen der diversen Linien, die erst in den nächsten Wochen starten: Straßburg, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart – Fahrten zu den ostfriesischen Inseln im Laufe des Monats Mai

Preisfrage

Fahrten von Düsseldorf, Essen und Dortmund nach Berlin gibt es nach Angaben des Unternehmens ab 22 Euro.

Die Tour nach München oder Augsburg kostet 25 Euro. Grundsätzlich gilt auch bei meinfernbus.de: Frühbucher zahlen am wenigsten.

Buchbar ab sofort auf http://www.meinfernbus.de (außer NRW – Nordsee: buchbar ab Mai).

 

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