2017 geht im Berufskolleg Altena das Licht aus

Die meisten Schüler/innen des Schmalenbach-Berufskollegs kommen aus Plettenberg. Sie nutzten umweltfreundlich die Bahn. An den folgenden Stellen stehen Altena, Werdohl und Neuenrade. Die Zahlen stammen aus dem Schuljahr 2012/2013. Alle Schüler sollen demnächst nach Halver-Ostendorf fahren. Quelle: Kreisverwaltung MK, Karte: Wikipedia, Grafik: Hüls

Diese Grafik zeigt: Die meisten Schüler/innen des Schmalenbach-Berufskollegs kommen aus Plettenberg. Sie nutzten überwiegend umweltfreundlich die Bahn. An den folgenden Stellen stehen Altena, Werdohl und Neuenrade. Die Zahlen stammen aus dem Schuljahr 2012/2013. Alle Schüler sollen demnächst nach Halver-Ostendorf fahren. Quelle der Daten: Kreisverwaltung MK, Karte: Wikipedia* (siehe unten), Grafik: Hüls

Der MK-Schulausschuss erneuert Beschluss zur Schließung des Standortes Altena

Update: Gericht gibt dem Kreis Recht

Altena. Alle Proteste nutzten nichts zum Erhalt des Berufskollegs in Altena: Eine große Koalition aus CDU und SPD im Kreistag bleibt bei ihrem Schließungsbeschluss. In dieser Woche erneuerte der Schul- und Sportausschuss des Märkischen Kreises den Auflösungsbeschluss des „Teilstandortes Altena“ des Eugen-Schmalenbach-Berufskollegs (ESBK). Damit gibt es in der Burgstadt bald vier weitere leerstehende Schulgebäude, ohne dass neue Nutzer Schlage stehen.

Ab dem Schuljahr 2015/2016 nimmt die Schule keine neuen Schüler mehr auf. Die bestehenden Klassen bleiben voraussichtlich bestehen. Die heutigen Schüler/innen können ihre jetzige Laufbahn noch an der Bismarckstraße beenden. Mit Entlassung der letzten Schüler ist am 31. Juli 2017 Schluss in der Burgstadt. Der Kreis reagiert damit auf die zurück gehenden Schülerzahlen in den kommenden Jahren.

Bezirksregierung hatte Beschluss gekippt

Nach dem aus Altenaer Sicht negativen Schließungsbeschluss im Kreishaus vom 7. November 2013 war zu Jahresanfang neue Hoffnung aufgekeimt: Die Bezirksregierung Arnsberg kippte das Votum aus formellen Gründen. Der Beschluss sei zu auslegungsfähig, hieß es aus Arnsberg. Außerdem habe der Kreis versäumt, die Schulkonferenz des Berufskollegs einzubeziehen. Die tagte zwischenzeitlich und sprach sich eindeutig gegen eine Schließung des Standortes Altena aus. Die Schule argumentiert unter anderem, in Ostendorf gebe es viel zu wenig Räume.

Die Dependance des Eugen-Schmalenbach-Berufskollegs in Altena ist 2017 Geschichte. Foto: Ilona Gruß/Märkischer Kreis

Die Dependance des Eugen-Schmalenbach-Berufskollegs in Altena ist 2017 Geschichte. Foto: Ilona Gruß/Märkischer Kreis

Die wesentlichen Argumente der Schulkonferenz

Einstimmig hat die Schulkonferenz des Eugen-Schmalenbach-Berufskollegs am 27. Februar 2014 beschlossen (Kurzzusammenfassung):

  • Die Altenaer Schüler passen nicht zusätzlich in das Gebäude in Halver-Ostendorf. Die Folge: Zusatzkosten für Umbauten in Halver.
  • Der Schülerrückgang – Hauptargument der Politiker für die Schließung – falle am Eugen-Schmalenbach-Berufskolleg deutlich geringer aus als im Schnitt der anderen MK-Berufskollegs. Der Standort Altena sei bisher sogar am geringsten betroffen (Kreis: – 15,6 %, Eugen-Schmalbach-Kolleg: – 10,6, Altena nicht detailliert aufgeführt, soll aber sehr gering sein).
  • Ein Rückgang der Schüler bedeutet nicht, dass Räume eingespart werden können. Vielmehr müssten Bildungsgänge einzeln betrachtet werden.
  • Schon heute reichen die Räume in Halver-Ostendorf nicht aus, um jeder Klasse einen eigenen Raum zuzuweisen. Durch ein weiteres Zusammenlegen werde die Qualität des Unterrichtes gefährdet.
  • Für viele Schüler/innen bedeute der in Zukunft wesentlich längere Schulweg nach Halver eine unzumutbare Belastung. Im Durchschnitt seien die Schüler/innen bei Eintritt 16 Jahre alt. Ihr Schulweg verlängere sich täglich um 70 Minuten. (siehe Grafik mit den Wohnorten der ESBK-Schüler/innen)
  • Deshalb sei vorprogrammiert, dass Schüler/innen aus dem Lennetal künftig in die Schulen des Kreises Olpe ausweichen würden.
  • Den Unternehmen im MK werde sehr bald qualifizierter kaufmännischer Nachwuchs fehlen. Die Unternehmen der Region seien unzureichend in die Schließungspläne einbezogen worden.
  • Die von der Kreisverwaltung behauptete Einsparung sei „völlig unrealistisch“. Es seien weder Mehrausgaben in Halver noch Folgekosten in Altena (leeres Gebäude) berücksichtigt worden.

Der Beschluss der Schulkonferenz im Wortlaut.

Arrogant

Die Schüler des Berufskollegs organisierten sogar einen Protesttag – offiziell natürlich eine „Schüler-Vollversammlung“: An einem Tag fuhren die Altenaer Schüler statt nach Altena in den Hauptstandort, um in Halver-Ostendorf das Gebäude zu „überfüllen“ (siehe Facebook-Schnipsel).

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Ab 5 Uhr zur Schule fahren

Mit einer Mahnwache protestierten einige Demonstranten gegen die beabsichtigte Schulschließung. Foto: Hendrik Klein/Märkischer Kreis

Mit einer Mahnwache protestierten einige Demonstranten gegen die beabsichtigte Schulschließung. Foto: Hendrik Klein/Märkischer Kreis

Dort auf dem Berg zwischen Halver und Lüdenscheid, jenseits jeder Bahnverbindung, sollen künftig auch Schüler aus Plettenberg und Werdohl unterrichtet werden. Einzelne Schüler berichteten, sie müssten dann morgens um 5 Uhr losfahren, um rechtzeitig zum Unterrichtsbeginn in Halver zu sein. Vermutlich dürften sich zumindest die Plettenberger Schüler künftig eher in Richtung Attendorn orientieren. Selbst der Leiter der Schule, Wolfgang Metzen, gebrauchte am Rande der Schulausschuss-Sitzung erstaunlich deutliche Worte, indem er von „Arroganz“ sprach.

Von all dem ließen sich die Kreistagspolitiker von CDU und SPD nicht beeinflussen. Gegen die Stimmen der kleinen Parteien (Bündnis90/Die Grünen, FDP, Linke und UWG) erneuerten sie den Beschluss zur Schließung. “ Abschließend entscheiden jetzt noch der Kreisausschuss (20. März) und der Kreistag (27. März) – vermutlich mit den Stimmen von CDU und SPD wie gehabt für die Aufgabe des Standortes.

Die Argumente der Kreis-Verwaltung für die Schließung

Auf Basis derselben Zahlen kommt die Kreis-Verwaltung zu anderen Schlüssen.

  • 140.000 Euro an möglichen Einsparungen stünden 40.000 Mehrkosten für Schülerfahrten gegenüber. Mögliche Kosten für den Unterhalt eines leerstehenden Gebäudes werden nicht genannt. Dafür entfallen in naher Zukunft nötige Renovierungs- oder Erhaltungskosten in Altena.
  • Eigentlich sei es schon heute möglich, den gesamten Unterricht des Berufskollegs in Halver-Ostendorf zu erteilen. In den Räumen in Halver-Ostendorf könnten rechnerisch 1922 Unterrichtsstunden erteilt werden. Im Schuljahr 2012/2013 wurden jedoch nur 1887 Unterrichtsstunden erteilt. Die Lösung der Kreisverwaltung: Eine Ausdehnung der Unterrichtszeiten generell bis 16.15 Uhr.
  • Die Schülerzahlen gingen weiter zurück. Nur der Doppeljahrgang an den Gymnasien (Verkürzung der Zeit bis zum Abitur) habe den Schülerschwund kurzzeitig abgebremst.
  • Bisher mussten einige Lehrer während ihrer Arbeitszeit zwischen Halver und Altena pendeln. Diese Zeit könne sinnvoller genutzt werden für Unterricht.
  • Schon bisher würden regelmäßig 1100 Schüler nach Halver pendeln. Das widerlege die Behauptung, der Schulweg nach Halver sei unzumutbar. Eine Konkurrenz durch Olper Schulen sei nicht zu befürchten, weil Olpe wesentlich schlechter zu erreichen sei und in Lennestadt nur drei kaufmännische Bildungsgänge angeboten würden. Im übrigen sei der Märkische Kreis zu beteiligen, falls Olpe Ausweitungen plane.
  • Die Wirtschaftsverbände seien kontaktiert worden und außerdem habe es in den Medien ausführliche Berichte gegeben.

Erster Bericht zum Schließungsplan

Facebook-Freunde liken für das Berufskolleg

Die Facebook-Gruppe „Geld ist nicht alles! Wir machen uns stark für Aula des ESBK Altena“ kam auf immerhin 820 Mitglieder – hat allerdings vergeblich protestiert. Die Initiative zum Erhalt des Kollegs hat zwar „nur“ rund 450 Likes, machte dafür aber in der Öffentlichkeit deutlich mehr Trubel. Mehrmals wöchentlich erscheinen Leserbriefe im Altenaer Kreisblatt.

Rettet das ESBK auf Facebook

KOMMENTAR
Schüler-Landverschickung

Als ehemaliger Schüler der Beruflichen Schulen Lennetal tut mir eine Schulauflösung natürlich leid. Die Zeiten ändern sich. In wenigen Jahren brechen die Schülerzahlen rapide ein. Da kann nicht jede Kommune an ihrer Kirchturm-Schule festhalten. Sonst fallen am Ende nicht eine, sondern mehrere Schulen weg. Insofern wäre also an dem hartnäckigen Festhalten von CDU und SPD am Beschluss, den Standort Altena zu schließen, nichts auszusetzen – erst recht angesichts der Hoffnung, 100.000 Euro jährlich zu sparen.
Andererseits verdeutlicht schon die Grafik oben, woher die Schüler kommen: Vor allem aus dem oberen märkischen Lennetal. Viele sind nicht volljährig und müssten stundenlang (!) am Tag mit dem Bus fahren. Will der Kreis allen Ernstes, dass junge Leute umweltschädlich mit dem Auto fahren, statt umweltfreundlich die Bahn zu nutzen? Ausgerechnet der zentrale Berufskolleg-Standort mit Bahnanschluss vor der Tür soll nun dicht gemacht werden zu Gunsten eines Standortes weit oben auf dem Berg, an der Landstraße zwischen Halver und Lüdenscheid. Ich nenne das Schüler-Landverschickung. Das werden viele Schüler/innen nicht mitmachen.
Sehr staune ich über das wenn auch späte Eintreten der Schüler für „ihr Berufskolleg“. Die kurze Zeit an einer solchen Einrichtung – zwischen einem und in Ausnahmen vier Jahren – lassen kaum innere Bindungen aufkommen. Außerdem könnte den heutigen Schülern die Zukunft der Schule egal sein, denn sie selbst dürfen ihre Schullaufbahn noch in der Burgstadt beenden. Umso höher ist das Engagement der jungen Leute zu werten.

Das an der Altenaer Bismarckstraße angesiedelte Wirtschafts-Gymnasium bietet eine echte Alternative zum G8-Regelgymnasium für diejenigen, die mit dem Turbo-Abi nicht zurecht kommen oder für Spätstarter. Das wird nicht gerade gestärkt durch ein Abschieben an den Rand. Dabei kommt der beruflichen Bildung in Zukunft eine immer größere Rolle zu.
Alles in allem schädigt dieser Sparbeschluss den Bildungsstandort MK nachhaltig.
Meine einzige Erklärung für solch einen Beschluss wäre, dass der Kreis plötzlich doch noch eine sinnvolle Verwendung für das riesige Schulgebäude findet.
Christof Hüls

Sonderschul-Leiterin nach Lüdenscheid gewechselt

Eine weitere Personalie berührt ebenfalls die Burgstadt: Anne Christophoridis stellte sich im Kreis-Schulausschuss als neue Leiterin der Erich-Kästner-Schule in Lüdenscheid vor. Die Sonderpädagogin wechselte von der Schule am Drescheider Berg Wiblingwerde unterschreitet die Einrichtung bereits seit Jahren die eigentlich geforderte Mindestgrenze. Außerdem setzten Land, Staat und Europa konsequent auf Inklusion von behinderten und nicht behinderten Kindern.

Aktualisierung vom 24. Mai 2014: Das Altenaer Kreisblattes zitierte in dieser Woche Christophoridis, wonach es ein Gespräch beim Märkischen Kreis gegeben habe. Demzufolge werde „noch“ an der Schule festgehalten. Zitat Ende. Tatsächlich scheint sich im Land eine Lösung anzubahnen: Ähnlich wie im Grundschulbereich könnten auch Förderschul-Standorte als Zweigstelle einer anderen Schule erhalten bleiben. Offenbar ist auch in Düsseldorf die Erkenntnis angekommen, dass nicht alle Eltern Inklusion um jeden Preis haben wollen.

Förderschule am Drescheider Berg: Schließung in Sicht

Die Schule am Drescheider Berg: Die Politik will ihre Schüler lieber an Regelschulen integrieren.

Die Schule am Drescheider Berg: Die Politik will ihre Schüler lieber an Regelschulen integrieren. Foto: Christof Hüls

Bisher lernten lernschwache oder emotional belastete Kinder in Kleingruppen von acht bis zwölf Kindern, angeleitet von speziell geschulten Lehrern. Künftig sollen die Förderschüler in den Regelschulen integriert werden: und zwar unabhängig von Leistung oder persönlichem Verhalten von der Grundschule bis zum Gymnasium. Die bisherigen Sonderpädagogen kommen stundenweise in die Regelklassen. Doch ihre Zahl reicht längst nicht aus. Die meisten Schulen werden dauerhaft ohne personelle Verstärkung mit der zusätzlichen Aufgabe betraut.

Überall in Altena leere Schulgebäude

Mit der Grundschule Evingsen, die mangels Schülern in den nächsten Jahren ebenfalls auslaufen soll, und der Hauptschule Rahmede, die bereits ausläuft, gibt es also bald insgesamt vier überflüssige Schulgebäude in der Burgstadt. Die Grundschule Knerling wird inzwischen zu einem sehr geringen Anteil vermietet und von einer Ortsteil-Initiative genutzt, steht aber ebenso leer.

Bericht: Christof Hüls, offzielle Pressemitteilung der Pressestelle des Märkischen Kreises (pmk)
* Unbearbeitete Karte für Grafik entnommen bei Wikipedia: http://commons.wikimedia.org/wiki/User:TUBS, gemäß der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 *

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