Stadt soll Grundsteuer verdoppeln

Landes- und Bezirksregierung verlangen massive Steuererhöhungen in Altena.

Landes- und Bezirksregierung verlangen massive Steuererhöhungen in Altena. Foto: Christof Hüls

Land und Bezirksregierung setzten Bürgermeister und Rat der Stadt Altena die Pistole auf die Brust und eine Frist bis zum 14. Februar: Entweder, sie verdoppeln selber die Grundsteuer. Oder sie werden vollends entmachtet und ein staatlich bestellter Sparkommissar übernimmt die Regie im Rathaus.

Das Land will an der Burgstadt offenbar ein Exempel statuieren. Die Telefonanrufe und Briefe aus Düsseldorf (Landesregierung) und Arnsberg (Bezirksregierung) kamen in den letzten zehn Tagen. Am 10. Februar müssen die Politiker im Altenaer Rat entweder klein bei geben oder den Aufstand beschließen. Vier Tage später endet die gesetzte Frist der Kommunalaufsicht (übermittelt am 22. Januar per Fax: Anlage_1-Verfuegung).

Bürgermeister kündigt Gegenwehr an

Altenas Bürgermeister Dr. Andreas Hollstein gibt sich kämpferisch. Eine höhere Grundsteuer würde alle Bemühungen der letzten Jahre ad absurdum führen, die Stadt wieder attraktiv zu machen. Denn genau die Abwanderungsbewegungen sind das Hauptproblem der Stadt: Immer weniger Bürger zahlen Steuern und benutzen dennoch die selbe Zahl an Straßen, Kanälen oder Wasserleitungen. Bereits heute berappen Altenaer überproportional hohe Gebühren für Wasser und Abwasser. Gleichzeitig steigen Kosten insbesondere für den Bereich Soziales. Beim Personal ist die Stadt bereits am untersten Level angelangt. Ergo bleibt nur die Lösung, massiv an der Steuerschraube zu drehen. Und zwar so viel, dass in keiner anderen Stadt in Nordrhein-Westfalen so hohe Grundsteuern fällig würden wie in Altena. Das treffe den Lebensnerv, meint der Bürgermeister. Er schlägt eine immer noch saftigere, aber vergleichsweise harmlose Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer vor. Dieser Mittelweg lässt aber den staatlich verlangten Haushalts-Ausgleich in weite Ferne rücken. Großstädte wie Hagen oder Wuppertal bekommen gleichzeitig Gnadenfristen eingeräumt.

Die Fakten in aller Kürze

Seit Jahren schon nimmt die Stadt jährlich weniger Geld ein als sie ausgibt. Unter dem Strich standen im vergangenen Jahr 5,5 Millionen Euro „Miese“. In diesem Jahr sind es voraussichtlich 5,8 Millionen Euro. Die Stadt hat 38 Millionen eingenommen. Die Hälfte davon geht gleich wieder ab an Kreis und Landschaftsverband, die damit u.a. extrem gestiegene Sozialkosten bezahlen.

Diverse Berater hatten die Stadtkasse in den vergangenen Jahren auf Einsparmöglichkeiten durchleuchtet. Was möglich war, aus Sicht der Stadtverwaltung, wurde umgesetzt.

Brot und Wasser, wenn sich die Stadt kaputt spart

Weil es eigentlich inzwischen fast allen Städten und Kommunen in NRW finanziell so schlecht geht, hat das Land einen Stärkungspakt beschlossen: Es bietet sozusagen Brot und Wasser, wenn sich die betroffenen Kommunen innerhalb von zehn Jahren kaputt sparen. Altena gehörte zu den Zwangsteilnehmern dieses „Landes-Geschenkes“. Bürgermeister und Stadtkämmerer mussten perspektivisch vorrechnen, Doch die Hochrechnungen im Altenaer Rathaus für die folgenden Jahre haben sich nicht bestätigt. Allein die Altenaer Unternehmen zahlten 2013 eine Million Euro weniger Steuern als erhofft. Von dem heimischen Stromversorger Mark-E kommt keine Dividende. Unter anderem deshalb klafft ein größeres Loch in der Stadtkasse. Und das lässt nun die Beamten in Arnsberg und Düsseldorf die Notbremse ziehen. Bereits für 2013 gab es keinen „Stärkungspakt“-Zuschuss.

Die Konsequenz: Eine Verdoppelung der Grundsteuer von 500 auf 1039 „von Hundert“. Die Berechnung ist kompliziert und abhängig vom Einzelfall. Jedenfalls müssten Hausbesitzer im mindestens mittleren dreistelligen Bereich zuzahlen. Bei Mietern verteilen sich die Mehrkosten entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtwohnfläche eines Mehrfamilienhauses – je nach dem also ebenfalls mehrere hundert Euro pro Jahr.

Alternativ schlägt die Stadtverwaltung vor, die Grundsteuer auf 766 und die Gewerbesteuer auf 465 „von Hundert“ zu erhöhen. Das ist der Kommunalaufsicht zu wenig. Sie schreibt: Liegen bis zum 14. Februar keine Beschlüsse vor, wird ein Sparkommissar berufen.

Ein Sparkommissar übernimmt dann die Geschäfte von Bürgermeister und Rat. Er kann ohne dass ihm irgendwelche Politiker oder Bürger rein reden, Einrichtungen wie Hallenbad, Stadtbücherei oder Burg Holtzbrinck schließen und wie es ihm gefällt Steuern und Gebühren erhöhen. Die Eifel-Kommune Nideggen erlebte es bereits.

Der Sparkommissar dort

  • schloss eines von zwei Lehrschwimmbecken (in Altena wurden ein Freibad und mehrere Lehrschwimmbecken sowie Schulen zugemacht)
  • erlegte den Sportvereinen Gebühren auf (läuft in Altena bereits)
  • übernahm nicht weiter die Kosten von Vereinsheimen (in Altena könnte nur die Burg Holtzbrinck als solches angesehen werden),
  • erhöhte die Grundsteuer von 450 auf 600 (in Altena derzeit 500, vorgeschlagen sind 766)
  • erhöhte die Gewerbesteuer von 420 auf 450 (in Altena derzeit 435) und bis 2017 auf 970 „von Hundert“
  • baute Personal im Bauhof ab (in Altena seit Jahren im Gang)
  • privatisierte öffentliche Toiletten (in Altena nur in der Burg Holtzbrinck vorhanden)
  • kürzte die Mittel für die Musikschule (in Altena seit Jahren durchgezogen und heftig umstritten).

Während im Rat der 11.000-Einwoher-Kommune  Nideggen in den vergangenen Jahren oft Streit über den Weg herrschte, hat der Altenaer Rat in den vergangenen Jahren viele Sparprojekte mit Stimmen aller Fraktionen verabschiedet. Dafür ist der Haushalt von Nideggen zwar immer noch nicht im schwarzen Bereich, aber immerhin nur so tiefrot, dass Düsseldorf wieder ein Auge zudrückt. Jetzt fürchten sich die Kommunalpolitiker bereits, dass sie im Mai bei der Kommunalwahl die Quittung vom Bürger bekommen.

 

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